Sebastain Raskop, Autobahnherz, Quelle: www.piqs.de
Lifestyle

Das schönste an Augsburg ist der Zug nach München

Oder auch, warum es vollkommen legitim ist, am Steuer mal ein bisschen zu fluchen. Und warum man sich, selbst wenn man Auto fahren eigentlich liebt, manchmal eben doch dabei ertappt, wie man anderen die Pest an den Hals wünscht und sich nach dem Zug sehnt. Sitzt man dann allerdings in Besagtem, fällt einem sehr schnell wieder ein, wieso man das Auto so liebt.

Sebastain Raskop, Autobahnherz, Quelle: www.piqs.de
Sebastain Raskop, Autobahnherz, Quelle: www.piqs.de
Als tägliche Pendlerin einmal München und zurück, komm ich nach einem Jahr einfach nicht mehr umher ein paar Gedanken zum Arbeitsweg loszuwerden. Ich bin ja persönlich die absolute Autofahrerin, was lustig ist, da ich gerade im Zug sitze und diesen Post schreibe. In der Hinsicht könnte man dem Zug wohl Vorteile einräumen. Man muss nicht auf den Verkehr achten, man hat keine nervigen Lichthupen hinter sich, man kann andere Dinge tun und entspannen und kommt also problemlos von A nach B. Ja…als ob!
Zug fahren fängt schon mal damit an, dass man viel Geduld und Zeit mitbringen muss. Die Deutsche Bahn hat ja doch ihre eigenen Vorstellungen von Pünktlichkeit oder Zuverlässigkeit, Verspätung von zehn Minuten oder zwei Stunden kann da schon mal vorkommen. Dass man damit den  Anschlusszug verpasst, tja das nennt sich bei diesem Luxus Kollateralschaden. Außerdem kann man sich nicht aussuchen mit wem und wie vielen Menschen man wie eine Ölsardine gepresst an der Innenscheibe des Zugabteils klebt. In meinem aktuellen Fall sitzt gerade einer der gängigen Hipster neben mir und direkt dahinter eine Schnapsleiche von der letzten Wiesn. Außerdem läuft deutscher Rap, darauf steh ich sowieso. Nicht. Was ich auch liebe: Wenn ich schon sitze, dass die Sitzgelegenheit so konzipiert wurden, dass du mir deinem Nachbar eigentlich unausweichlich auf Tuchfühlung gehen ‚darfst‘. Es mag Leute geben, die total auf diese Nähe stehen – kriegen vermutlich sonst nirgendwo Zuneigung und Gesellschaft – aber ich hasse es, so gelinde ausgedrückt.
Im Auto hingegen hast du zwar ein anderes ganz großes Problem (die anderen Autofahrer) aber zumindest musst du weder die Musik deines Nachbarn hören, noch darfst du eigenwillige Gerüche inhalieren, noch will jeder, der den freien Platz neben dir sieht kuscheln. Klar, dafür steht man als Augsburg – München Pendler täglich 1-2 Stunden im Stau auf der A99. Beim Zug und den S-Bahnen weißt du dafür aber nie, ob du überhaupt ankommst. Im Auto weißt du lediglich nicht wann.
Auf der Autobahn begegnest du dafür natürlich auch vielen interessanten Menschen. Um ein paar aufzugreifen meine Top3.
Der Raser – auffahren wie ein Gaskranker, Lichthupe und links blinken geht nämlich sogar im Stau um schneller voranzukommen (Lichthupe ist ja unter anderem das geheime Zeichen für ‚Rettungsgasse für Größenwahnsinnige‘ bilden. Es kann dazu führen, dass man für dieses Benehmen vielleicht irritierte Blicke erhält und den ein oder anderen Unfall verursacht.
Der Schleicher – das sind die Menschen, die beim Kauf ihres Autos das Gaspedal an die Wohlfahrt gespendet haben (vielleicht auch darauf verzichtet haben, weil zu teuer oder so?). Sie fahren im Schnitt 100 auf der linken Spur, sind ja immerhin schneller, als der LKW mit 95 auf der Mittleren, und lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Das sind die Menschen, die Normalsterbliche dazu verleiten, zu einem Fahrer aus erstem Beispiel zu mutieren. Das Schönste daran ist allerdings, wenn diese Leute dann mit Porsche und BMW über die Autobahn ‚heizen‘. Da stellt sich mir doch die Frage, warum man so viel Geld dafür ausgibt, wie ein Rentner über die Autobahn zu gurken. Und damit kommen wir auch schon zu Typ drei.
Der Geisteskranke – von dieser Sorte begegnen mir auf meinem Weg erstaunlich viele. Kennt ihr das? Ihr fahrt mit 220 auf der linken Spur und plötzlich schert der Kerl vor euch mit 120 aus? Hier beweist sich immer wieder aufs Neue meine Reaktionsfähigkeit, in diesem Fall verliert tatsächlich der, der nicht bremst. Wie viele Unfälle wegen einem mangelnden Blick in den Seitenspiegel schon verursacht wurden, will ich glaub ich gar nicht wissen. Die selben Kandidaten sind übrigens auch die, die ohne Rücksicht auf Verluste einfach mal die Fahrbahn wechseln und der Meinung sind, man wird schon Platz machen, auch wenn man sich auf gleicher Höhe befindet. Es hat allerdings auch etwas Gutes. Autofahrern wird niemals langweilig, denn diese drei Herrschaften begegnen dir fast täglich im Berufsverkehr. Wenn der Raser wahlweise den Geisteskranken oder den Schleicher (Jackpot beide gleichzeitig) dann doch erwischt hat, wird aus ihnen allen übrigens ‚der Gaffer‘. Gucken und fotografieren, wen es zerlegt hat ist schließlich ist wichtiger als weiterfahren.
Positives am Fahren mit dem Auto? Ich kann mir aussuchen, wer neben mir sitzt. Ich muss nichts riechen, was nicht in mein Auto einsteigt und Trommelwirbel ich kann meine Musik so laut mitgröhlen wie ich möchte! Für diese Freiheiten werde ich mein Auto auch in Zukunft jedem Zug vorziehen.
Die Aussage, dass Pendeln mit dem Zug aber doch günstiger wäre kann ich leider auch nicht bestätigen. Faktisch frisst mein Auto für die selbe Strecke bei einer dreiviertel Stunde Fahrt maximal zwei Drittel dessen, was ich im Zug mit zwei ‚entspannten‘ Stunden bis ich ankäme zahlen dürfte.
Die Umweltverschmutzung wäre vielleicht noch der einzige Grund, weshalb ich den Zug nehmen könnte.
Momentan haben wir eine luxuriöse Verspätung von acht Minuten, der Hipster neben mir dreht Snapchat Videos und der Alki hinter uns schläft seinen Rausch aus. Ich freu mich auf morgen, wenn ich mein Auto nehmen kann, ich bin nämlich heilfroh, wenn ich diesen liebevollen Individuen endlich entkomme.
Schreibt mir doch, was ihr bevorzugt, Bahn oder Auto? Und viel interessanter, warum! ❤

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