Koffer packen
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Instagram-Blogger vs. Realität Challenge: Sind wir nicht alle ein bisschen fake?

Wie das Titelbild bereits irreführend verrät muss ich euch enttäuschen. Wir werden heute nicht verreisen, und das wird kein Beitrag über die wichtigsten Must-haves für den nächsten Urlaub.

Wir alle kennen sie, die großen Blogger und Instagram-Königinnen, deren Leben uns nahezu regelmäßig in Staunen und Neid versetzt. Es ist keine böse Form von Neid, eher eine Bewunderung ihres perfekten und überglücklichen Lebensstils von dem Sterbliche wie wir meist nur träumen können. Leider sind diese tollen Fotos – spontane Momentaufnahmen aus dem echten Leben – die uns massenhaft im Netz anspringen meist nicht viel mehr als heiße Luft. Geplanter und gestellter ist kaum mehr möglich und genau deshalb haben wir vor gut einem Monat zu einer kleinen Fake Reality Challenge aufgerufen.
Die Aufgabe? Wir haben einige dieser besonders realistischen Fotos herausgesucht, an unsere Teilnehmerinnen Iris von preppieandme, Jane von diaryofjanedarkness, Marfa von M.J.G und Ira von I.J.B. verteilt und ihnen ans Herz gelegt diese so originalgetreu wie möglich – allerdings nur mit den Hilfsmittel, die sie ohnehin zu Hause haben – nachzustellen. Was dabei so herauskam?
Ich packe meinen Koffer...
Ich packe meinen Koffer…


Bild 1: Ich packe meinen Koffer

Was kann man zu diesem Bild sagen. Zunächst einmal, das Original findet ihr hier. Die gute Dame hat für ihren Italienurlaub gepackt. Ich hab das Bild gesehen und mein erster Gedanke war: Na klar. So pack ich meinen Koffer auch immer. Wenn wir mal kurz über die Tatsache hinwegsehen, dass die Hälfte des Gepäcks neben dem Koffer liegt, dann hat mich dieser Koffer tatsächlich vor ganz neue Herausforderungen gestellt.
Erstes Problem: Ich besitze nicht genug weiße Klamotten, Blusen schon gleich dreimal nicht, um das originalgetreu nachzustellen. Auf meinem Foto seht ihr deshalb links oben einen uralten weißen Pullover – den ich zwar seit Jahren nicht mehr getragen habe aber hauptsache er verschwendet Platz im Kleiderschrank – und ein halbwegs weißes Kleid, das ich für dieses Foto extra noch einmal aus der weißen Schmutzwäsche gezogen habe und das dank Photoshop keinen fetten Make-up Fleck mehr am Kragen hat. Da die obligatorische Bluse nicht fehlen durfte, hab ich meinem Freund eines seiner Arbeitshemden geklaut.
Zweites Problem: Hüte sind in diesem Haushalt nicht nur Mangelware sondern absolute Fehlanzeige. Ich hab eine viertel Stunde lang die ganze Wohnung auf den Kopf gestellt, bevor ich zu der niederschmetternden Erkenntnis kam, dass ich all meine bockhässlichen Strohhüte – die ich niemals getragen habe – mit dem letzten Umzug entsorgt habe. Selbiges gilt für die Hüte meines Freundes. Als Platzhalter hab ich deshalb einfach mal das Einhorn eingefügt. Künstlerische Freiheit nennt sich das.

Drittes Problem: Habt ihr schon einmal versucht euren Koffer zu packen, wenn euer Katzenbaby sich bei jedem Kleidungsstück erneut in den Koffer schmeißt, sich demonstrativ so lang macht, wie es ihr nur irgendwie möglich ist und dann genüsslich anfängt sich zu putzen? Das verzögert den Prozess wirklich nur unwesentlich.

Während ich also bei jedem Kleidungsstück, das ich eingeräumt habe die Katze wieder ausgeräumt habe, hab ich tatsächlich eine abenteuerliche Kombination zusammengestellt. Im Nachhinein sieht dieses Foto gar nicht so schlecht aus. Tatsächlich würde ich wohl kein einziges Teil, abgesehen vom Blair-Shirt freiwillig im Alltag tragen – geschweige denn mit in den Urlaub nehmen. Da ich auch mit einem Querstreifen-Shirt nicht dienen konnte – ich bin auch ohne „schlank-machende“ Querstreifen plüschig genug – musste ich auf Pünktchen ausweichen.
Dann wäre da noch die fancy Buchstabentafel, die ich leider bis heute nicht besitze und dementsprechend nicht nachstellen konnte. Tja, ein Blatt Papier mit Edding vollzukritzeln musste genug sein. Augenmaß war auch top, total symmetrisch und mittig ist das Kunstwerk geworden – nicht. Nach dem fünften schief angemalten Blatt Papier habe ich kapituliert.
Zum Schluss stand ich vor der größten Herausforderung. Die unglaublich grausamen Schuhe auf diesem Foto. Obwohl ich ein typisches Mädchen bin und aktuell um die 80 Paar Schuhe besitze, konnte ich tatsächlich mit keinen aufwarten, die auch nur ansatzweise Ähnlichkeit mit den Tretern auf dem Foto gehabt hätten. Da diese Schmuckstücke so gänzlich an meinem Geschmack vorbeigeschossen sind hab ich sie kurzer Hand durch Pumps und Adidas Superstars ersetzt.
Fazit? Nach exakt 53 Minuten und 30 Mal Katze aus dem Koffer räumen hatte ich das perfekte Reisekofferfoto im Gepäck. Eine weitere halbe Stunde Bearbeitungszeit und voila, nach eineinhalb Stunden war das spontane Instagramfoto endlich fertig.
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Follow me to – Pärchenfoto

„Schatz ich brauch da mal deine Hilfe.“ Da wir im normalen Leben eher ganz weit entfernt vom typischen Kitschpärchen sind, war sein fragender Blick umso amüsanter, als ich ihm mein original Ausgangsfoto präsentiert habe. Der oligatorische „Was hast du geraucht?“-Blick ließ deshalb auch gar nicht lange auf sich warten. Dennoch kann ich mich ja darauf verlassen, dass er so ziemlich jeden Blödsinn, den ich mir in den Kopf setze, mitmacht, weshalb sich für uns nun die nächste Frage gestellt hat. Wo?
Da wir doch gut zwei bis drei Stunden Fahrt von den Bergen wegwohnen mussten wir mit dem arbeiten was wir hatten. In der Stadt am Abend einen Platz zu finden, an dem man die Sonne noch lange genug sieht ließ und nur den Lech und sein Flussufer.
Wir also vor dem Kleiderschrank, was ziehen wir denn an um dem Foto möglichst nah zu kommen? Da sich im gesamten Schrank nur eine einzige Jeansjacke aus der Schulzeit meines Freundes befand, hab ich diese beschlagnahmt um den passenden Ärmel zu haben. Die obligatorische weiße Uhr, die passenderweise natürlich verkehrt herum getragen wird bereitete weniger Schwierigkeiten. Da wir beim letzten Umzug allerdings ganz gewaltig an Schuhen aussortiert hatten stand mein Freund im ersten Moment ohne Chucks da. Die letzten waren leider so alt und abgefuckt, dass wir sie mit vielem anderen Müll entsorgt haben. Kein Problem, da gab es doch noch die gefütterten Winterchucks, nicht? Nach circa einer halben Stunde waren wir fertig mit der Verkleidung und machten uns auf den Weg ans Lechufer.
Zwanzig Minuten Fußmarsch später, bei dem wir in der dicken schwarzen Jacke und der übergroßen Jeansjacke bei 28°C aufgekocht sind war die perfekte Stelle gefunden. Hinsetzen, Handy zücken, geht ja schließlich ganz schnell. Ja von wegen.
Erste Feststellung: Egal wie ich es drehe und wende, so viel Bild wie auf dem Original bekomm ich beim besten Willen nicht aufs Foto. In diesem Moment wäre ein Weitwinkelobjektiv tatsächlich Gold wert gewesen, aber habt ihr das bei einem Spaziergang oder einer Wanderung mit eurem Liebsten dabei? Nein? Ich auch nicht. Zweite Feststellung: Ich kann mich beim besten Willen auch nicht so weit von ihm wegsetzen, dass wir das alles draufkriegen. Für die nächste Fotosession benötige ich definitiv Gorillaarme.
Während mein Hund also freudig um uns herumhüpfte verrenkte ich mich am Boden so kunstvoll, bis der Winkel zumindest irgendwie in die gleiche Richtung wie das Original ging. Mit ich sitze da, nehme seine Hand und mache ein Foto war es leider nicht weit her. Die grazile Realität sah dann eher so aus.
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Ich hing irgendwie recht verzweifelt, halb auf dem Boden liegend an seiner Hand.

Ich lag fast komplett flach am Boden, das Handy so nah an meinem Gesicht, dass ich den Auslöser nicht mehr gesehen habe und jedesmal, wenn ich den richtigen Bildausschnitt gefunden und meine Uhr angetippt hatte um diese zu fokussieren, war mein Daumen nicht lange genug um danach im gleichen Winkel auf den Auslöser zur drücken. Auf diese Weise sind gefühlt fünfzig wunderschön verschwommene Erinnerungsfotos entstanden. Während ich mich akrobatisch durch den Dreck wälzte stand mein Freund wie bestellt und nicht abgeholt am Hang und gab sich die zweifelhaften Blicke der Passanten. Macht man schließlich jeden Tag bei strahlendem Sonnenschein im Sommer mit fetter schwarzer Winterjacke und gefütterten Winterchucks am Flussufer herumzustehen.

Nach gut eineinhalb Stunden ist es uns dann doch gelungen ein Foto zu schießen, auf dem die Uhr, der Arm und die obligatorisch umgekrempelte Jeansjacke fokussiert waren. Zu Hause angekommen hab ich mich deshalb direkt an die Bildbearbeitung geschmissen.

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Links: Bearbeitet; Rechts: Original

Wie ihr vielleicht feststellt, hat das Original nicht mehr all zu viel mit dem Endresultät zu tun. Knapp zwei Stunden war ich beschäftigt. Kontrast, Dynamik und Helligkeiten waren nur der Anfang. Nach ging es mit der selektiven Farbkorrektur ans eingemachte. Meine Chucks mussten wieder weißschwarz werden. Die Jeansjacke benötigte die typische Jeansfarbe. Meine pinken Fingernägel kamen im Nudetone besser und natürlich musste mich die Uhr auf den ersten Blick anspringen. Da wir hier versucht haben den Sonnenuntergang festzuhalten benötigte die Sonne noch die typisch rötliche Färbung und auch der langweilige Steinboden musste lebendiger werden.
Natürlich hab ich das erste Challenge Foto auch bearbeitet, allerdings war das in fünf Minuten erledigt, da Stilleben mit dem richtige Licht viel weniger Arbeit macht. Aufhellen, schärfen, Kontrast hochschrauben, Schwarzanteil erhöhen und fertig ist der Spaß.

Insgesamt hat ich dieses eine Foto also knapp vier Stunden meines Lebens gefressen, und bis dahin hatte ich noch keine Zeile Blogbeitrag geschrieben. Was ich damit eigentlich zu sage versuche ist: Lasst euch nicht vom Schein blenden oder deprimieren. Hinter all diesen fantastischen Fotos steckt meist Stundenlange Arbeit und Planung bis ins kleinste Detail um das perfekte Leben zu demostrieren. Ich finde das noch nicht einmal verwerflich, wenn man bedenkt wie viel Arbeitszeit und Liebe fürs Detail in jedem einzelnen dieser Fotos steckt. Man sollte sich vor diesen Damen wohl sogar verneigen für ihre Mühe, auch wenn es mit der Realität rein gar nichts zu tun hat. Und das ist der Punkt, den wir mit dieser Challenge deutlich zu machen versuchen. Glaubt nicht alles, was man euch im Netz präsentiert ihr Lieben! Schön anzusehen bleiben diese Fotos für uns dennoch, oder nicht?

Für mehr Fake-Reality Challenge Spaß schaut unbedingt bei unseren Mitstreiterinnen vorbei:

Nessa auf der verzweifelten Suche nach Street Art: Hier lang!
Wir haben Jane in den Waschsalon geschickt: www.diaryofjanedarkness.de
Iris stellt sich dem Duell mit Starbucks: www.preppie-and-me.de
Für die Missionen der 99 Luftballons wurde Marfa auserwählt: www.mjgwrites.blogspot.ch
Ira versucht sich an der etwas anderen Kissenschlacht: www.irajade.blogspot.de

0 Kommentare

  • reloves.de

    SUPER!!!!! Dein Post zeigt die Realität hinter diesen ganzen gefakten Bildern auf Instagram.
    Ich wollte im Urlaub auch so ein „Follow-me“ Foto. Wir waren die Attraktion am Strand. 🙂
    Liebe Grüße
    Regina

  • Theresa

    Hahaha ich amüsiere mich köstlich über diese ganzen Posts hier. Die beste Challenge seit langem! Ihr seid der Knaller, dass ihr euch da so reingehängt habt 😉
    Alles alles Liebe, Theresa

  • Heidi

    Liebe Regina,
    vielen lieben Dank 🙂 hahaha das kann ich mir lebhaft vorstellen, ich hab es ja am eigenen Leib ausprobiert, wie das so ist. in der Menschenmenge den Clown zu mimen 🙂
    Liebste Grüße, Heidi

  • Daaaniieee

    Du hast sowas von recht und dein Post zeigt genau das 🙂 Ein Foto – tausende geschossen und nur eins schaffts nach 10 000 Filter usw auf Instagram …

    Aber nur so kann man ja mithalten sonst geht man in dieser „Fake Welt“ ja komplett unter 🙁

    Toller Beitrag!

    LG Danie

  • Verena

    Deine Beschreibungen sind der Knaller, ich musste tatsächlich laut loslachen. Aber der ernste Hintergrund kann leider nicht geleugnet werden. Eine Freundin von mir postet gerne Selfies auf Instagram. Ein Account nur mit Selfies. Pro Tag macht sie etwa 50-200 Stück, wovon dann genau eines gut genug für Instagram ist. Dabei ist die Realität in diesem Fall viel hübscher.

    Fit Trio hatte auch mal einen Beitrag gemacht, wie lange sie braucht für ein Foto. Das die morgens sein müssen, weil sonst der Bauch mehr vorkommt, das sie bei den Fotos oft liegt, damit alles noch flacher aussieht. Ich hab das auch lange mehr über die Fitfam-Szene gedacht, das mit dem Fake.

    Aber diese Challenge zeigt, dass es das in allen Bereichen gibt und das finde ich gut und vielleicht weckt es den einen oder anderen tatsächlich auf.

    Ich persönlich bearbeite meine Bilder überhaupt nicht. Die zeigen die Realität, die ich erlebe. Vor allem, weil ich nicht gut im Bearbeiten bin und ein Insta-Filter das Maximum meiner Fähigkeiten ist. ^^

  • Melli

    Die Idee mit der Challenge gefällt mir total gut. Allerdings kann ich mir die Orginale nicht anschauen mangels Instagram Account. 😉 Denn genau diese gestellten Fotos sind ein Grund, warum ich keinen Account habe.
    LG Melli

  • Manuela P.

    Ein wirklich toller Post. Und was ihr euch alle für Arbeit gemacht habt, finde ich klasse. Deine Fotos auch im Original Zustand sind klasse geworden. Danke für dieses interessante Thema. Lg Manuela

  • Nadine Krummacker

    Ich finde diesen Post echt klasse,da sieht man mal wieder,wie gestellt doch alles ist. Ich mag eh lieber die Fotos die zeigen das man echten Spaß hatte und man sieht das in dem foto viel freude war 😉
    Liebe grüße nadine

  • Heidi

    Liebe Danie, vielen lieben Dank für das Lob. Ich muss gestehen ich hatte zumindest höllische Spaß bei dieser Challenge, auch wenn das Bild wirklich absolut nichts mit Realität zu tun hat.
    Liebste Grüße, Heidi

  • Heidi

    Liebe Nadine, ich kann dich beruhigen, wir sind bereits in Planung, wie wir dieses Format weiter ausbauen können 🙂
    Ich hoffe natürlich du bist beim Lesen dann auch wieder am Start 🙂
    Liebste Grüße,
    Heidi

  • Heidi

    Liebe Verena,
    vielen lieben Dank für die süßen Worte!
    Dass es im bereich Fitnessblogger noch viel krasser ist kann ich mir absolut vorstellen!
    Ich finde deine Einstellung genau richtig, man muss ja auch nicht das ganze Leben faken, aber man kann es eben 😀
    Liebste Grüße,
    Heidi

  • Heidi

    Liebe Manu,
    vielen lieben Dank für das Lob, das freut mich total! Ich würde diese Bilder so aber glaub ich niemals posten, wobei ich gar nicht erst auf die Idee käme, solche Bilder zu machen 😀
    Liebste Grüße,
    Heidi

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