Make-up am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen
Morgens, halb neun in Deutschland. Mit der einen Hand bearbeite ich verzweifelt mein Gesicht mit einem Beautyblender, mit der anderen versuche ich gleichzeitig einen Löffel Müsli möglichst unfallfrei in Richtung Mund zu befördern. Dieses Szenario mag einigen von euch bekannt vorkommen, einigen Glücklichen unter euch vielleicht auch nicht.
Ich denke, jeder hat in der Früh mehr oder weniger eine Art Ritual, das es ermöglicht wenigstens einigermaßen rechtzeitig einigermaßen frisch auszusehen. Meines besteht darin zu duschen, wenn möglich zu frühstücken und anschließend mein Gesicht zu bemalen. Weil ich es schön finde und weil ich in den 20 Minuten entspannen kann. Meistens. Na gut: Oft. Und manchmal sind es auch nur zehn Minuten. Oder fünf.
Zurück zum Beautyblender, der ungeduldig mein Gesicht abklopft – ohne gute Grundierung kann ich schließlich den ganzen Rest vergessen. Ich weiß ja nicht, wie andere Leute vorgehen, aber ich arbeite mich in mehreren Schritten voran – und zwar nach dem Prinzip „Das Wichtigste zuerst“. Je nachdem wie viel Zeit dann noch bleibt, kommt der ein oder andere Special-Effect oben drauf. „Wie? Noch fünf Minuten übrig? Dann habe ich ja noch Zeit für einen Eyeliner – MIT Wing!“ „Zwei Minuten bis der Bus fährt? Perfekt, das reicht gerade noch für einen neutralen Lippenstift, der genau so aussieht, wie meine Lippenfarbe und den niemand bemerken wird. Aber ich habe noch zwei Minuten, was sollte ich sonst mit der ganzen Zeit anfangen?“
Man kann bei mir nach der Faustregel gehen: Habe ich wirklich alles draufgeklatscht, was geht (und das bedeutet Lidschatten UND Eyeliner), war ich tatsächlich tiefenentspannt. Habe ich gerade mal so die Grundierung hinbekommen, bin ich vor exakt 15 Minuten aufgestanden. Kurz gesagt: Für mich ist jeder Schritt nach Foundation und Wimperntusche ein Upgrade, das nur gemacht wird, wenn es die Zeit noch zulässt. Die Reihenfolge ist meist folgende: Gesicht, Augen, Lippen.
Und das lässt mich zu einem weiteren Punkt kommen: Knallige Lippenstiftfarben. Es ist nämlich so, dass Farben, wie zum Beispiel ein sehr pigmentiertes Rot oder ein auffälliges Pink etwas Zeit in Anspruch nehmen. Um aber zu so einer Farbe zu greifen, habe ich gerne ein unauffälliges Augen-Make-up. Trage ich also zur Abwechslung mal eine knallige Nuance, könnt ihr in 80 Prozent aller Fälle davon ausgehen, dass ich keine Zeit mehr für meine Augen hatte, denn sonst hätte ich mir ja einen Eyeliner gezogen. Exakt diese Situation hatte ich vor kurzem. Normal schaffe ich es dann trotzdem den Lippenstift in den verbleibenden beiden Minuten schnell vor dem Spiegel im Bad aufzutragen. Nicht an diesem Tag.
Es war bereits eine Minute vor Busabfahrt und das einzige Makeup, dass ich trug bestand aus Foundation und einer hastig aufgetragenen Schicht Wimperntusche. An und für sich kein Problem. Ich warf mir also meinen Rucksack über die Schulter und stürmte das Treppenhaus hinunter, zur Tür hinaus – und konnte dem Bus nachwinken, der soeben an mir vorbeidüste. „Verdammt!“ Ich drehte mich um, um den überaus anstrengenden Weg zurück in den zweiten Stock auf mich zu nehmen und in zehn Minuten für den nächsten Bus wieder nach unten zu stürmen. Mit der Hand auf der Klinke, entschied ich mich jedoch gegen zu viel Bewegung am Morgen, machte kehrt und lief in Richtung Bushaltestelle. Waren ja nur zehn Minuten. Auf halber Strecke schoss es mir durch den Kopf. Zehn Minuten? Genug Zeit um dir eine hübsche Lippenstiftfarbe aufzutragen, damit du nicht ganz so langweilig daherkommst. Ich blieb stehen und überlegte die Treppenstufen doch auf mich zu nehmen. „Ach komm, das schaffst du auch mit deinem Handy-Display.“ Haha. Hahahaha. Schlechteste Idee des Tages.
Dazu müsst ihr wissen, dass ich immer eine unnötig große Sammlung an Lippenstiften mit mir herumschleppe. Die Farbauswahl war somit definitiv nicht das Problem. Ich wählte also ein schönes, knalliges Fuchsia. Für die weniger Make-up-affinen unter euch: Es gibt drei Arten von Lippenstiften. Cremige, matte und die verflixten Dinger, die wie Edding an euren Lippen haften, mit keinem Make-up-Entferner der Welt herunterzubekommen sind und euch wochenlang aussehen lassen, als hättet ihr gerade eine große Schüssel Spaghetti Bolognese gegessen. Und für genau so einen entschied ich mich natürlich. Warum? Ich habe keine Ahnung. Die Funktionsweise meines Gehirns am frühen Morgen sollte hier besser nicht näher hinterfragt werden.
Ich setze mich also an die Bushaltestelle und zücke Handy und Lippenstift – wer braucht schon einen Spiegel. Dazu muss gesagt werden, dass ich einigermaßen oft meinen Lippenstift im Bus (unter ruckeligen, erschwerten Bedingungen) auftrage, aber dann meistens so viel Verstand besitze zu einem neutralen Ton zu greifen. Nicht an diesem Tag. Ich beginne also die Farbe vorsichtig aufzutragen. Wische mit dem Finger hier und dort etwas weg, trage erneut auf. In der Frontkamera meines Handys sieht das alles gar nicht so schlecht aus. Bis mir bewusst wird, dass in der Frontkamera meines Handys nichts wirklich schlecht aussieht. Ich gehe also zu dem schwarzen, ausgeschalteten Display über – das spiegelt schließlich auch und lasse vor Schreck fast mein Handy fallen. Was ist da denn schief gelaufen? Panisch schaue ich auf die Uhr. Verdammt, der Bus kommt in drei Minuten und ich sehe aus, als hätte ich eine besonders schlechte Lippen-OP hinter mir. Ich wische also wieder an meinem Mund herum – ein Taschentuch habe ich natürlich nicht dabei.
Der Bus fährt vor. Ich gebe mich geschlagen. Mit dem Gefühl, wie Batmans Joker auszusehen, steige ich ein und setze mich auf einen Platz ganz hinten – mit möglichst wenig Blickkontakt zu anderen Menschen. Die ganze Busfahrt über ärgere ich mich über diese dumme Idee. An der U-Bahnstation angekommen, renne ich schließlich runter zum Bahnsteig um noch Zeit für einen Blick in den U-Bahn-Spiegel zu haben, bevor der MVV sich entschließt heute zur Abwechslung einmal pünktlich abzufahren. Zum Glück war es am Ende dann doch nicht so schlimm, wie der Joker. Höchstens wie der betrunkene Versuch einer Make-up-begabten Freundin. Also durchaus passabel. Trotzdem werde ich in Zukunft immer einen richtigen Spiegel benutzen. Immer.
Jetzt könnte man natürlich sagen: Warum machst du dir den ganzen Stress am Morgen? Geh doch einfach ungeschminkt in die Arbeit. Darauf kann ich nur antworten: Weil ich es gerne mache. Ja, trotz all dem Stress, mach ich es gerne. Es bereitet mir Freude. Haha. Hahahaha. Vielleicht sollte ich doch nochmal über diesen Joker-Look nachdenken.
Wie sieht eure Schminkroutine am Morgen so aus? Gehört ihr eher zu den Frühaufstehern, bei denen jeder Farbklecks perfekt sitzt, oder seid ihr auch solche Chaoten wie ich?
0 Kommentare
tantedine
😀 oh ja! Das kenne ich zu gut. Meine Reihenfolge ist wie deine: Gesicht, Augen, Lippen! Ohne Concealer, Augenbrauen und Wimpern sehe ich aus wie ein Zombie 🙂 Ich fühle mir echt besser und ausgeglichener wenn der Kram auf meinem Gesicht ist 🙂
Liebe Grüße
Nadine von tantedine.de
Ando
Ich bin dafür wirklich zu faul am Morgen. Wenn ich arbeiten gehe trage ich nur BB Cream, Mascara und male meine Augenbrauen neu auf. Das wars, aber früher war es immer mehr, inzwischen fühle ich mich mit weniger im Alltag aber etwas wohler.
Früher wurde ich auch immer gefragt, warum machst du dir den Stress und ganz ehrlich weil ich Lust dazu hatte 😀
Liebe Grüße Anni von http://hydrogenperoxid.net
Daria Raegany
Ja, zumindest ein bisschen müssen die Augen bei mir auch betont sein, wenn ich einigermaßen unter die Lebenden gerechnet werden soll. 😉
Danke für den Kommentar!
LG,
Daria
Daria Raegany
Ja, das kommt immer auf den Tag drauf an und wie viel Zeit/Lust man hat. 🙂
Danke für den Kommentar.
LG,
Daria
Lory Beauty
Great post dear 🙂
MY BLOG: Lory's Beauty Corner
Juli
Haha, ja kenne ich. Gerade als Mama von einem Kleinkind, das zerrt nach noch zusätzlich an einem rum oder fragt: „Was ist das?“ während man gerade die Lippen macht oder die Augen und eine ruhige Hand braucht. Gerade dann muss es natürlich auch noch pullern (und ich muss helfen) oder es geschieht sonst was für eine Katastrophe. Ich gehe dementsprechend auch oft nur mit ganz dezentem Make-Up aus dem Haus 🙂 Aber das ist OK, selbst wenn ich es gründlich schaffe, bleibt es dezent.
VG Juli
Christian
Spannend, wie das die lieben Frauen so immer machen. Als Mann bekommt man hier einen guten Einblick in die Frauenwelt 😉
Sigrid Braun
Mit den Jahren wird das zur Routine und schafft das komplette Schminkprogramm in 15 Minuten.
Ohne geh ich nie aus dem Haus!
Liebe Grüße
Sigrid
Liam Alexander Colman
Als Mann habe ich (zum Glück) keine solchen Sorgen. Es ist ja nicht so, dass das Leben sonst bereits genug stressig wäre! Eine Bekannte von mir macht das immer im Zug beim morgendlichen Pendeln – auch eine gute Art, die Zeit zu vertreiben!
reloves.de
Das kenne ich so gut. Es gibt gute und schlechte Tage für die morgendliche Make-Up Routine. Manchmal ist meine Zeit so knapp morgens, dass ich es nur noch schaffe eine kleine Tasche mit meinem Make-Up zu packen und mit auf die Arbeit zu nehmen. Dann erledige ich es dort oder nutze die Zeit die ich morgens im Stau verbringe. Einen Lippenstift trage ich immer erst an einer der vielen Ampeln auf an denen ich zusätzlich warten muss. Eine Kollegin von mir schminkt sich komplett morgens im Auto.
Liebe Grüße
Regina
Alina Corona
Als ich noch zur Schule gegangen bin, habe ich mich jeden Morgen geschminkt. Jetzt ist das ein bisschen anders, oft trage ich gar kein Makeup, manchmal nur Mascara und Concealer 🙂
Sehr schöner Post <3
A L I N A // alinacorona.de // instagram
Yanikas Blog
Da kann ich dir absolut zustimmen! Ich gehe zwar oft aus zeitgründen ungeschminkt in die arbeit, fühle mich aber frisch geschminkt um einiges wohler! 🙂
Ganz liebe Grüße,
Janika
Yanikas Blog
lovelymia
Oh was für ein toller Post. Dein Blog ist so schön ich liebe deine Bilder !
Ich fühle mich geschminkt auch echt wohler, obwohl ich morgens lieber die Zeit im Bett verbringen würde 😀 <3
xoxo – http://miaxmarie.blogspot.de/
la casetta delle meraviglie
hi dear,
i'm new follower on your cute blog, can you follow mine on my blog?
🙂 https://amoriemeraviglie.blogspot.it/
Christine
Nicht zu verachten ist auch schlechtes Licht im Bad. Sei es bei Freunden oder in einem Hotel. Da kann mit unter auch mal ganz schön was schief gehen, obwohl das eben sogar im Spiegel noch ganz gut aussah.
Lara Sophie
Ein toller Beitrag und ein toller Blog, den ich direkt abonniert habe! Die Bilder sind richtig schön, und das Prinzip „Das Wichtigste zuerst“ wende ich auch immer gerne beim Schminken an, haha! Der Beautyblender ist dabei super hilfreich, aber ich müsste meinen mal langsam erneuern 😛
Schaut doch mal bei mir vorbei, wenn ihr mögt <3
Lara
http://www.verylara.com
Katja von Schminktussis Welt
Ein sehr schöner Post. Ich schminke mich auch morgens für die Arbeit. Die 20 min ist es mir wert und ich starte gleich entspannter und mit mehr Wohlgefallen in den Tag.